Donnerstag, 19. Oktober 2017
Finale (1)
Am Montag hatte ich für den Burli meine Autoversicherung erhöht. Bis dahin war nur ich als Fahrer angemeldet. Mit der Bekanntgabe seiner Daten und $50,- Aufschlag darf er eine Woche lang meinen Panzer fahren.
Mittwoch, 04.30 Uhr - sicherheitshalber bin ich gefahren. Im Dunklen und der Gefahr mit einem Känguru zu kollidieren war es gescheiter, dass ich fahre. Um 05.35 Uhr ging der Zug, den ich spot-on erreichte, der Burli ist mit dem Auto zurück. In Adelaide um 06.40 Uhr angekommen und wieder die Überlegung: Taxi oder marschieren? Naja. Bis 11.00 Uhr ist Zeit genug, also 45 Minuten zu Fuß gegangen. Aufnahme-Prozedere wie gehabt, aber diesmal keinen Selbstbehalt löhnen müssen. Warum auch immer - die Anästhesiologie jedenfalls wollte Tags zuvor ihre $ 200,- überwiesen haben.
Zuerst wurde mir ein Doppelzimmer zugewiesen. Ohne auf Instruktionen zu warten, zog ich mir gleich das bereitliegende Totenhemd und die Stützstrümpfe über. Ich bin ja schließlich lernfähig. Noch ein paar Formulare mit der diensthabenden Schwester ausgefüllt, dann war es schon 11.00 Uhr. Erneut ging es per Aufzug ins Souterrain, und im Vorbereitungsraum traf ich endlich auf den Anästhesisten (ein anderer als bei der Lumpektomie: dick, gemütlich und freundliche Augen). Ich berichtete ihm von der schmerzvollen Aufwachphase beim letzten Mal und bat darum, mehr Schmerzmittel gegen Ende der Op zu erhalten. Der Arzt war aufmerksam und verständnisvoll, konnte meine Erfahrungen nachvollziehen. Sowas kann vorkommen, meinte er ... irgendwas mit Cortex...versuchte er zu erklären. Er will sich bemühen, dass es diesmal nicht so ist. Der Chirurg sagte kurz Hallo - und ab gings in den Op.
Ohne viel Tamtam setzte der Profi die Braunüle, das milchige Propofol floss in meine Ader ... weg war ich.
Die Uhr zeigte 14.30 Uhr als ich meine Augen aufschlug. Keine Schmerzen, gut so. Eine halbe Stunde später wurde ich zurück auf die Station geschoben - in ein Einzelzimmer! Welch positive Überraschung. Mit Abklingen der Narkose setzten dann doch Schmerzen ein. Wiederholt wurde ich gefragt, ob ich Medikamente wolle, lehnte aber ab. Solange ich mich nicht bewege, sind die Schmerzen erträglich. Das Tablettenschlucken spar ich mir noch auf.
Die erste Nacht verlief wieder sehr unruhig. Alle zwei Stunden die Kontrollen: Blutdruck, Temperatur, Sauerstoffsättigung und Wundschwellung. Aber am unangenehmsten waren zwei Manschetten an den Unterschenkeln, die sich rhythmisch aufbliesen und mit einem 'Plop' wieder den Druck entließen. Die Schwester insistierte auf die Dinger. Ich soll mit der Nachtschwester verhandeln, vielleicht lässt sie sich eher erweichen. Als ich auf die Toilette musste, blieb sie neben der Tür stehen - ich könnte ja umfallen. Einerseits verständlich, dass sie sich streng an ihr Protokoll hielt, andererseits recht unflexibel. Sobald die erfahrene Nachtschwester kam, war ich die Manschetten los und konnte mich wieder frei bewegen.
Zwei Drainageschläuche liefen seitlich aus der Op-Wunde und mündeten in je eine Vakuumflasche. Diese Schläuche verursachten den größten Schmerz. Irgendwie drückten sie auch auf die Rippen - es fühlte sich an, als wenn jemand dauernd mit dem Finger in die Seite bohrt.
Am Morgen nahm ich dann doch eine Paracetamol, die Schmerzen waren erträglich, Bewegung eingeschränkt und ich ziemlich k.o. Als der Chirurg zu seiner Morgenvisite erschien, teilte ich ihm mit, dass ich mich nicht fit für eine Entlassung fühle. Kein Problem - ich könne so lange bleiben, wie ich will.
Der Tag plätscherte so dahin, die Nacht war wieder beschissen, am zweiten Morgen fühlte ich mich noch nicht besser, aber ich wollte Heim. Die Drainagen sollen so lange drin bleiben, bis weniger als 50 ml/24h sezerniert werden. Auch recht. Mir war alles recht. Hauptsache Heim und ordentlich schlafen.



Besprechung
Am Montag (16.) hatte ich den Arzttermin in Elizabeth. Der Chirurg ging mit mir nochmal alles durch - und nein, keine Diskussion bzgl der beidseitigen Mastektomie! Er versicherte erneut, dass die Schmerzen nicht so arg werden würden und ich, wenn ich wirklich will, am nächsten Tag Heim kann. Ich berichtete ihm noch von meinen schlechten Erfahrungen bei der Radiologie und dass ich niemals wieder etwas mit denen zu tun haben wollte. Gut, dass ich das gemacht habe, denn er wollte mich tatsächlich wieder dorthin schicken! Um den Wächterlymphknoten in der linken Achsel zu finden, sollte von den Radiologen vor der Operation ein radioaktiver Tracer in die Brust gespritzt werden, damit der Operateur während des Eingriffs den mit bloßem Auge kaum sichtbaren Lymphknoten mit einer Gammakamera aufgespüren kann! Nein, kommt nicht in Frage! Kein Problem, lenkte der Doc ein, nehmen wir halt blauen Farbstoff. So soll es sein. Die Operation findet um 11.00 Uhr statt.



Burli
Er ist am Mittwoch (11.) aus Brisbane in Adelaide angekommen und hat die erste Nacht in einem Hostel verbracht. Mein Auto war beim Service und deshalb konnte ich ihn nicht abholen. Erst am nächsten Tag, als mein Auto fertig war, trafen wir uns in Gawler am Bahnhof. Es war noch einiges an Einkäufen zu erledigen, aber dann ging es die 75 km nach Hause. Die Heimfahrt war recht kurzweilig, da ich munter vor mich her gebrabbelt habe. Es tat gut mal wieder deutsch zu sprechen.
In den folgenden Tagen zeigte ich ihm genau, wie er was zu machen hat. Er ist ein cleveres Bürschchen, er verstand schnell, ich hatte ein gutes Gefühl. Obwohl er in seinem kurzen 19jährigen Leben außer mit der eigenen Katze kaum Tierkontakt vorweisen konnte, verstand er sich auf Anhieb mit Teddy. Meine strikten Anweisungen, nicht ohne mich auf die Kamelkoppel zu gehen - just in case - wird er befolgen.