Fließen lassen
Heute Nacht fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Mein Hirn ist für mein jetziges Leben falsch gepolt. Es sollte anders arbeiten und genau genommen bin ich schon auf dem richtigen Weg!
Fast 30 Jahre wurde ich in meinem Beruf gezwungen, möglichst gleich und sofort Entscheidungen zu fällen und Wege zu finden, diese in die Tat umzusetzen. Wenn mich Tierbesitzer aufsuchen, dann wollen sie wissen, was ihrem Liebling fehlt. Wie man ihm helfen kann, wieder gesund zu werden. Mir wurde ein Patient auf den Tisch gestellt und ich musste gezielt Fragen zur Vorgeschichte stellen, durfte mich nicht von der Eigendiagnostik der Besitzer ablenken lassen. Musste Möglichkeiten der Behandlung auflisten, finanzielle Machbarkeit erwägen, weitere Untersuchungen vorschlagen, Prognosen erstellen. Alles innerhalb von ca. 10 Minuten.
Das prägt, ich habe nur nicht realisiert wie sehr! Jetzt lebe ich als Pensionist und muss mich einem neuen Rhythmus unterordnen. Da ich das nicht begriffen habe, war ich in den letzten sieben Jahren sehr oft der Verzweiflung nahe. War sehr häufig überfordert und wusste nicht weiter. Dabei brauche ich nur zurückschrauben.... Ich muss nicht 2.000 Pflanzen auf 8,5 Hektar in 2 Monaten pflanzen. Es sind halt vier Jahre geworden und eigentlich war auch das einfach zu viel. Die Hälfte hätte es auch getan....
Jetzt, mit der Krebsdiagnose, bin ich schon wieder in die alte Gewohnheit zurückgefallen. Alles recherchiert, abgewägt, wie mache ich was und wann. Blödsinn. Wie sagte neulich eine Bekannte zu mir: "Go with the flow". Hätte ich das Gespräch mit dem Chirurgen abgewartet und dann Maßnahmen ergriffen, hätte ich mir schlaflose Nächte erspart und wäre anderen nicht auf die Nerven gegangen.
Langsam machen, es treibt mich nichts, "one step at the time". Das soll mein neues Motto werden.
Der Familie, der ich Teddy bringen wollte, habe ich abgesagt. Erstens ist 04.45 Uhr unmenschlich, zweitens weiß ich ja nicht ob ich den Nerv habe, ihn am Tag nach der Operation zu versorgen. Vielleicht will ich einfach nur ins Bett und ausschlafen. Also bringe ich ihn am Sonntag in die Hundepension und hole ihn ab, wenn ich wieder fit bin. Auch wäre es nicht erforderlich gewesen, Aileen um die Versorgung der anderen Tiere zu bitten. Die werden schon nicht innerhalb von 24h verhungern.
Langsam machen, abwarten, mal schauen wie's wird, keine übertriebene Hektik. Daran werde ich arbeiten.