Sonntag, 10. September 2017
Logistik
Wie komme ich hin und zurück? Das beschäftigt mich die ganze Zeit. Es gibt einen Fahrdienst, der mich nach Adelaide bringen würde, aber es hängt davon ab, um wieviel Uhr ich hab acht stehen muss. Dieser Fahrdienst wird von Freiwilligen durchgeführt und ich kann nicht verlangen, dass sie um 06.00 Uhr schon vor der Tür stehen. Am Tag vorher schon fahren und im Motel übernachten? Einen Nachbarn fragen? Mit dem Auto nach Gawler und von dort mit dem Zug? Dann stünde die Karre ein paar Tage auf einem öffentlichen Parkplatz, nicht sehr prickelnd die Aussicht. Dem ehemaligen Nachbarn wurde dort sein Scooter geklaut und nie wieder aufgefunden.
Dann kam mir DIE Erleuchtung: ich fahre mit dem Auto nach Adelaide und parke auf einem Langzeitparkplatz in der Nähe des Flughafens. Von dort dann mit dem Taxi ins Krankenhaus. Und dasselbe retour. So mache ich das.
Hmm. Heute ein Gespräche mit Aileen geführt. Die wohnt 2 km weiter und ist a) Krankenschwester und b) hatte selber vor einem halben Jahr eine Brustverkleinerungs-Operation. Die hat mich nicht wirklich aufgebaut. Auch wenn ich nach zwei Tagen schon Heim komme - mit den Armen kann ich in der ersten Woche nichts anfangen. Die Schmerzen sind so groß, dass ich gerade mal die Unterarme leicht anwinkeln kann. Vom Autofahren kann überhaupt keine Rede sein. Shit. Jetzt bin ich so schlau wie vorher.
Nächste Möglichkeit: mich bei einer Haussitter-Seite angemeldet. Vielleicht kommt ja jemand ins Haus, versorgt die Tiere, ich brauche dann Teddy nicht in eine Hundepension zu geben und derjenige führt mich ins Krankenhaus und holt mich ab? Ich mag zwar nicht, wenn jemand Fremdes im Haus ist, aber da muss ich wohl durch. Mal sehen, ob ich jemanden finde. Fingers crossed.



Samstag, 9. September 2017
Kosten
Mit dem Befund kam auch eine Broschüre, die Wege der Hilfestellung aufweist. Da kann man z.B. ein Packerl anfordern, in dem diverse Mappen, Kalender und was weiß ich noch drin sind. So wie, wenn man ein Kind erwartet und ein Erstausstattungspaket erhält. Das erspar ich mir, ist nur wieder was zum entsorgen.
Interessanter ist der stete Hinweis auf "Legal and financial assistance". Ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass da noch einiges auf mich zukommen wird. Werde hier alles auflisten, was ich so blechen muss.
Die ersten $ 70,- waren für die Visite beim Hausarzt zu löhnen, wovon $ 37,05 von der medicare zurück erstattet werden. Auch die Kosten für die Visite beim Brustchirurgen wurden bei der Terminvereinbarung gleich genannt: $ 180,- gleich cashen, $ 72,75 werden von medicare bezahlt. Bevor der Hausarzt die Überweisung fertig machte, hat er mich gefragt, ob ich eine private Krankenhausversicherung habe. Mein Bejahen hat ihn dann wohl die Entscheidung für den entsprechenden Chirurgen treffen lassen. Ohne private Zusatzversicherung wäre die Wahl vermutlich anders ausgefallen.



Befund
Der Hausarzt hat ihn mir mitgeteilt, aber nichts schriftliches in die Hand gegeben. Eine Kopie und Begleitschreiben wurde in einem verschlossenen Umschlag an mich überreicht, den ich dem Brustchirurgen aushändigen soll. Natürlich habe ich den Umschlag geöffnet und den Befund kopiert - wäre aber gar nicht nötig gewesen, da zwei Tage später selbiger direkt von der Assessment Clinic an mich übersandt wurde.
Ein wenig enttäuscht bin ich von der wenig detaillierten Einteilung des Tumors, vor allem ob es sich um einen östrogen- oder progesteronsensiblen Tumoren handelt. Das will man wohl beim nächsten Mal schnipseln erst genauer untersuchen.
Hier also der Wortlaut:
Macroscopic
1. multiple cores of cream and yellow tissue measuring from 4 mm and up to 19 mm. All embedded.
2. three cores of cream and yellow tissue 5 mm, 6 mm and 20 mm. All embedded

Anmerkung: die tumoröse Veränderung ist 'nur' 6 mm groß!
Microscopic
The presence of calcification is confirmed in these biopsies from the left breast. The calcification is associated with the presence of ductal carcinoma in situ in which the intraductal tumor cells exhibit high grade nuclear features and a mixed solid/clinging and micropapillary pattern of growth with intralumal necrosis. The surrounding connective tissue stroma shows fibrosis and chronic inflammation and there are some ducts showing distorted, irregular outlines but there is no invasive carcinoma in the multiple levels of sectioning examined.



Freitag, 8. September 2017
Was soll das hier?
Trotz meines fortgeschrittenen Alters, lerne ich noch neue Seiten von mir kennen.

Ich wurde mit der Diagnose Brustkrebs im Anfangsstadium diagnostiziert und muss das erst einmal verarbeiten. Komischerweise möchte ich mit niemanden darüber sprechen. Ich habe es verschiedenen Leuten mitgeteilt, vermeide aber das Gespräch wie der Teufel das Weihwasser. Ich möchte kein Mitleid, keine "heads-up" Empfehlungen, ich will meine Ruhe. Muss selber klar kommen.
Schreiben hilft mir, denke ich, deshalb habe ich den Blog aktiviert. Ich versuche, die neue Situation so sachlich wie möglich anzugehen, lasse keine Emotionen zu. Heulen und Selbstmitleid verboten, obwohl mir natürlicherweise danach ist.



Verdrängen
Was soll schon sein? 6 mm, dass ist doch nichts. Hatte schon immer Zysten in der Brust, die verkalken halt mit der Zeit. Ich lebe wie ein Mönch, habe nie geraucht, trinke keinen Alkohol, koche täglich selber, war nie übergewichtig. Kurz ich bin für mein Alter (Bj 54) recht fit.
Obwohl, die Genetik! Die ist ein Hund. Meine Mutter hatte Krebs und wurde mehrfach operiert und hatte auch Bestrahlungen und Chemotherapie. Allerdings erst mit 80 Jahren. Ich habe keinen Krebs, kann einfach nicht sein.

Bingo. Volltreffer. Ein "Ductales Carcinom in Situ" DCIS. So heißt das also, wenn man Krebs hat. Der Hausarzt teilte es mir am 06.09. emotionslos mit, mir zog es den Teppich unter den Füssen weg. Ich hätte am liebsten losgeheult, beherrschte mich aber. Die Vorzimmerdame organisierte einen Termin bei einem Brustchirurgen zwecks Weiterbehandlung. Ich hätte noch am selben Nachmittag nach Adelaide fahren sollen! Wie stellen die sich das vor? Sieben Stunden spazieren fahren - es war bereits 12.30 Uhr - und im Dunkeln nach Hause kommen? Der nächstmögliche Termin ist nächste Woche, am 14.09.

Ich habe mir vorgenommen, egal was mir empfohlen wird, mir beide Brüste amputieren zu lassen. Beidseitige Mastektomie. Weg mit den Dingern, sind in meinem Alter für nichts mehr nutze. Und ich werde nach zwei Tagen Heim gehen! Mal sehen, ob ich das durchziehe.



Überraschung!
Es sollte nur eine Routineuntersuchung sein, so wie alle zwei Jahre. Anfang August erhielt ich die Einladung, die Mammographie durchführen zu lassen und am 18. August stand ich auf der Matte. Der Befund sollte innerhalb von 14 Tagen im Briefkasten landen.
Doch an Stelle eines "alles-in-Ordnung-Briefes" klingelte am Montag morgen (28.08.) das Telefon. Ein freundliche Stimme mit britischem Akzent teilte mir mit, da wären Auffälligkeiten im Röntgenbild zu erkennen und ich möge doch nach Adelaide in eine Assessment Clinic kommen. Sie gab mir einen Termin am Donnerstag 09.00 Uhr.
Das hieß früh aufstehen, 06.00 Uhr wegfahren, 100 km durch mit jedem Kilometer dichter werdenden Berufsverkehr, in eine Parkgarage und zu Fuß in die Klinik.
Nach dem Empfang führte mich die Mitarbeiterin in eine Umkleidekabine, wo ich ein vorne zu öffnendes Hemdchen bekam, anschließend in den Wartebereich, wo auch warme Getränke bereitgestellt waren. Aber lange saß ich nicht, schon wurde ich einer Ärztin vorgestellt, die mir den Befund erklärte. In meiner linken Brust war ein 6 mm großer Bereich mit winzigen kleinen weißen Punkten zu sehen: Mikrokalzifikationen. Die KÖNNEN Anzeichen für ein Karzinom sein, es sollte abgeklärt werden. Doch zunächst noch einmal Brustquetschung, sprich erneute Röntgenbilder mit der modernsten Technik in mehreren Ebenen.
Nach Fertigstellung besprachen sich die Experten und kamen zu dem Entschluss, eine Stanzbiopsie wäre das Mittel der Wahl, um zu einer aussagekräftigen Diagnose zu kommen.
Na super, davor hatte ich mich gefürchtet. Aber ich will mich nicht anstellen, andere haben das auch ausgehalten. Also, hopp, auf den Tisch, in Bauchlage, den Kopf zur Seite, die betreffende Brust durch ein Loch nach unten hängend. Was sich da abgespielt hat entzieht sich meiner Kenntnis. Konnte naturgemäß nichts sehen. Die werkelnden Damen informierten mich hie und da über diverse Maßnahmen, wie jetzt erfolgt die Oberflächenanästhesie, tiefere Lokalanästhesie, der Einschnitt, jetzt wird es ein lautes Geräusch geben, und noch mal,... insgesamt eine halbe Stunde haben sie herumgefummelt. Es war unangenehm, die Injektionen haben geschmerzt, aber insgesamt war alles zum aushalten gewesen.
Ein Pflaster auf die ca. 1 cm lange Schnittwunde, einen Zettel in die Hand gedrückt mit weiteren Anweisungen und schon stand ich wieder draußen. Es hatte geheißen, es dauert bis zu drei Stunden, die Uhr zeigte aber erst 10.30 Uhr.